Gesamtkunstwerk

Der Begriff des Gesamtkunstwerks bezeichnet das sich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelnde utopische Bestreben nach Vereinigung aller Künste in einem einzigen Kunstwerk. Die unzureichende kunsttheoretische Behandlung ist einer der Hauptgründe für die anhaltende beliebige Verwendung des Wortes.[1] Lexikalische Definitionen, die das Gesamtkunstwerk bestimmen als Bezeichnung für das Zusammenwirken aller Künste (Dichtung, Musik, Tanz, bildende Kunst, Architektur) in einem Bühnenwerk[2] oder als deutschen kunstwissenschaftlichen Begriff für die Synthese der verschiedenen Raumkünste (auch Architektur, Städtebau, Gartenkunst, Ornament)[3], geben nur vage Auskunft darüber, in welchem Verhältnis die Künste im Gesamtkunstwerk tatsächlich zueinander stehen, in welcher Form und zu welchem Ziel.

Schon in der Frühromantik entsteht der Entwurf einer Universalpoesie, die von Philosophen wie Friedrich Schlegel und Friedrich Wilhelm Schelling theoretisch begründet wird. Richard Wagner verschafft der Idee des Gesamtkunstwerks in seiner Schrift Das Kunstwerk der Zukunft (1849) zum Durchbruch. Die neue führende Gattung ist das musikalische Drama, welches alle anderen Künste vereinen soll. Abstrakte Tendenzen in der bildenden Kunst und die Entstehung atonaler Musik führen zu einem neuen, gleichberechtigten Verhältnis der Künste untereinander. Der Einsatz digitaler Medien hat seit den 1970er Jahren den Prozess einer Auflösung der Kunstgattungen beschleunigt.